- Von Juliana Demski
- 15.02.2021 um 18:02
Aber was genau zählt eigentlich zu den Ausschlusskriterien?
Auf Staatsebene sind dies unter anderem Verstöße gegen Menschenrechtskonventionen, Korruption, Nichtratifizierung des Pariser Klimaschutzabkommens und die Verhängung der Todesstrafe. Auf Branchen-/Unternehmensebene werden Ausschlüsse beispielsweise gegenüber Waffen- sowie Kohleindustrie formuliert.
Eine weitere Strategie, ESG-Aspekte bei der Kapitalanlage zu etablieren, ist das sogenannte „Engagement“. Darunter wird eine Kombination aus Stimmrechtausübung und Gesprächen mit Unternehmen verstanden, bei denen Versicherer investiert sind. Fast drei Viertel der untersuchten Versicherer machen jedoch keine Angaben zu einer solchen Engagement-Strategie. Positivstrategien, bei denen wünschenswerte Investitionsbereiche benannt werden (beispielsweise Mikrofinanzdienstleistungen), sind bislang kaum verbreitet.
Verstößen gegen Nachhaltigkeitskriterien begegnen die befragten Versicherer laut Studie auf unterschiedliche Weise. Rund die Hälfte von ihnen veräußert den betreffenden Titel oder ziehen eine Veräußerung zumindest in Betracht. Nachhaltigkeitsberichte liefern keine Information zum Thema.
Bei der Auswahl eines externen Vermögensverwalters kommen Nachhaltigkeitskriterien jedoch noch vergleichsweise selten zum Tragen. Weniger als die Hälfte der Unternehmen machten Angaben zu diesem Sachverhalt.
Laut Franke und Bornberg haben Versicherer allederings nicht nur bei ihrer Geldanlage die Möglichkeit, den Markt in Richtung einer nachhaltigeren Arbeitsweise zu bewegen. So könnten sie durch „gezieltes ‚Nichtversichern‘ von Branchen oder Unternehmen ebenfalls Lenkungswirkung erreichen“, schreiben die Autoren. Allerdings bleibe dieses Steuerungsinstrument reinen Personenversicherern in der Regel verwehrt. Von den übrigen Gesellschaften praktizierten mehr als die Hälfte Ausschlüsse von Branchen oder Unternehmen. Wichtigste Ausschlusskriterien seien derzeit die Kohleindustrie, der Abbau von Öl-/Teersanden, die Waffenindustrie und Kernenergie.
Das Fazit der Studienautoren:
„Die hohe Beteiligung zeigt: Viele Versicherer haben erkannt, welch immensen Beitrag sie zu mehr Nachhaltigkeit leisten können. Sie werden sich ihrer Steuerungsmöglichkeiten zunehmend bewusst und stellen sich ihrer Verantwortung“, sagt Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg.
Für ein Gesamtbild seien die Informationen, die mithilfe der Umfrage und der Nachhaltigkeitsberichte erhoben wurden, jedoch bislang zu unterschiedlich, heißt es im Studienpapier weiter. Eine einmalige Abfrage zu Nachhaltigkeitskriterien liefere zudem nur den Status quo – und Sondereffekte könnten nur bei der Betrachtung längerer Zeiträume angemessen gewürdigt werden.
Franke und Bornberg hat deshalb angekündigt, auch in Zukunft ein Auge auf das Thema Nachhaltigkeit in der Versicherungswelt haben zu wollen. „Klare und verständliche Standards sind wichtig – nicht zuletzt, damit Verbraucher sich orientieren und Vermittler ihren Verpflichtungen nachkommen können“, schreiben die Experten.
Und trotzdem: „Auch wenn es noch keine einheitlichen Standards gibt und Versicherer ihr Potenzial häufig noch nicht voll ausschöpfen, ist die Versicherungsbranche auf einem guten Weg“, fasst Franke zusammen. Insbesondere mit ihrer Kapitalanlagepolitik könnten die Versicherer eine enorme Lenkungswirkung entfalten und somit auch andere Wirtschaftszweige zu nachhaltigerem Handeln motivieren.
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