Harald Christ spricht am 19. September 2020 als einziger Kandidat für den Posten des FDP-Bundesschatzmeisters auf dem Bundesparteitag der Freien Demokraten (FDP). Am 11. August 2021 sprach Christ mit Pfeffermnzia über den Bundestagswahlkampf. © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
  • Von Lorenz Klein
  • 17.08.2021 um 10:44
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„Ich bin gegen jede Form des Provisionsverbots“, stellt FDP-Schatzmeister Harald Christ im Interview mit Pfefferminzia klar – und betont: „Wir wollen Schwarz-Grün verhindern, wir wollen Teil der neuen Bundesregierung sein.“ Außerdem spricht der frühere Ergo-Manager über die hohen Umfragewerte der Liberalen unter Vermittlern, seinen Wechsel von der SPD – und auch darüber, ob die Riester-Rente noch eine Zukunft hat.

Zum Schluss möchte ich gerne an Ihre spannende Vita anknüpfen: „Früherer Ergo- und SPD-Manager Christ wechselt zur FDP“, titelte Pfefferminzia im März vergangenen Jahres, nachdem sie bekannt gaben, dass sie nach 31 Jahren SPD-Mitgliedschaft zu den Liberalen wechseln. Für viele kam das sehr überraschend – trotz Ihres erkennbaren Grolls gegen den linken Kurs der Sozialdemokraten. Unter anderem äußerten Sie damals den Wunsch, dass die FDP nun wieder ein attraktiver Bündnispartner „für die vernünftigen Kräfte innerhalb der SPD“ werden müsse. Wie hoch schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Chancen auf eine Ampelkoalition aus FDP, Grünen und SPD oder gar auf ein so genanntes Deutschlandbündnis mit den Parteifarben schwarz, rot und gelb im Herbst. Was können wir da erwarten? 

Für viele kam das vielleicht überraschend in der Öffentlichkeit – für mich kam dieser Wechsel nicht überraschend. Das war ein längerer Prozess und wie das bei längeren Prozessen so ist – er hat eine Phase der Überlegung, er hat eine Phase der Entscheidung und ich habe dann auch konsequent entschieden, so wie ich das in meinem Leben immer gemacht habe. Ich war ja sozialisiert in einer Sozialdemokratie, die in vielen, vielen Jahren meiner Mitgliedschaft einen wirtschafts- und mittelstandspolitischen Kern auch hatte, auch eine Partei, die stärker die Ränder bedient hat, auch eine Partei, die stärker sich in der Mitte gesehen hat. Es gab durch diesen Linksruck, durch diese Regulatorik, durch diese Verbote, durch alles, was da jetzt auch im Wahlprogramm sich wieder findet, immer weniger Überschneidungen und deswegen habe ich konsequent diese Entscheidung getroffen – für meine Freunde, für meine Bekannte, für meine Familie war das nicht überraschend.

Ich bin kein Freund davon, über Koalitionen zu diskutieren. Und am Ende ist das auch ein Respekt gegenüber den Wählerinnen und Wählern, die im September entscheiden – und die statten die Parteien mit Mehrheiten und mit Mandaten aus, die darüber zu entscheiden haben, wie sich Koalitionen bilden. Ich bin ein Freund davon, über Inhalte zu reden. Und wenn wir eine starke Wirtschaft wollen, wenn wir sichere Arbeitsplätze wollen, wenn wir nicht das Soziale gegen das Wirtschaftliche ausspielen wollen, sondern wissen, dass die soziale Marktwirtschaft, das Soziale, auch das Marktwirtschaftliberale braucht. Wenn wir für Bürokratieabbau sind und wenn wir für steuerliche Entlastungen sind, dann sind das viele Argumente, die Freien Demokraten zu wählen. Wenn wir für einen modernen Staat sind, der besser mit Krisen umgehen kann, wenn wir vor allem für Freiheitsrechte sind, die gerade bei staatlichen Entscheidungen abgewogen werden, wie wir das jetzt gerade bei Corona erleben, wenn wir mehr Freude am Erfinden als am Verbieten haben – zum Beispiel beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung, bei neuen Technologien. Das ist das, wofür wir als freie Demokraten antreten, um ein so starkes Wahlergebnis zu erreichen, dass ohne uns keine Regierungsbildung möglich ist. Ja, wir wollen Schwarz-Grün verhindern, ja, wir wollen Teil der neuen Bundesregierung sein, weil wir für unsere Inhalte auch kämpfen wollen und das Land gestalten wollen. Aber ich sage Ihnen auch ganz klar: Mit dem, was ich zurzeit in den Wahlprogrammen von den Grünen und von der SPD lese, kann ich mir nicht vorstellen, dass es mit einem dieser beiden Parteien möglich ist.

Können Sie also einen „Lieber nicht regieren als falsch regieren“-Moment, wie ihn damals Parteichef Christian Lindner prägte, ausschließen?

Ich habe ja keine Glaskugel – und ich sage nochmal: Die Wählerinnen und Wähler geben das Mandat. Wir treten an für eine Regierungsbeteiligung. Wir gehen von allem, was wir wissen – trotz der schwächelnden Umfrageergebnisse von Armin Laschet und der CDU – davon aus, dass die CDU/CSU die stärkste Partei sein wird. Dementsprechend wird es der Auftrag sein für Armin Laschet, Koalitionsgespräche zu führen. Und sicherlich werden wir, wenn wir eingeladen werden, eine aktive Rolle spielen wollen, um dann auch eine Koalition zu ermöglichen. Und wenn ich sage: Armin Laschet, dann können Sie schon raushören, dass zwei andere Koalitionsvarianten sicherlich ausfallen werden.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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