Sprachen am Rande der DKM über Fondspolicen (von links): Martin Gräfer, die Bayerische; Christian Nuschele, Standard Life; Sebastian Koch, Swiss Life; Jan Roß, Inter; Lorenz Klein, Pfefferminzia; Rene Wördemann, Gothaer, und Guntram Overbeck, Helvetia. © Ruediger Glahs
  • Von Redaktion
  • 12.12.2016 um 10:19
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In einer Welt ohne Zinsen wird für die klassische Lebensversicherung kein Platz mehr sein – doch was kommt danach? Sechs Experten für fondsgebundene Policen sprachen über die Vorsorge­Landschaft der Zukunft.

Wenn das Rentenniveau bis 2030 auf 43 Prozent fällt, müsste der Kunde doch eigentlich mehr Rendite erzielen, um die größer werdende Lücke auszugleichen?

Christian Nuschele: Selbstverständlich. Leider setzt der Kunde in der Regel Sicherheit mit Garantie gleich. Das tut er aber auch, weil es ihm der Berater so vorstellt. Dabei hat Sicherheit auch damit etwas zu tun, sein Sparziel zu erreichen, um die Versorgungslücke auszugleichen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn das Produkt eine ausreichend hohe Rendite erwirtschaftet. Dafür sollten die Berater ihre Kunden sensibilisieren.

Sebastian Koch: In unserer eigenen Umfrage haben wir festgestellt, dass dem Kunden Sicherheit sehr wohl wichtig ist, gleichwohl werden Finanzstärke und Solidität des Anbieters ebenfalls als wichtig erachtet. Man muss eines sehen: Das Durchschnittsalter von Versicherungsmaklern in Deutschland liegt bei 51 Jahren. Diese Makler haben 20 oder sogar 30 Jahre lang Produkte mit klassischen Garantieleistungen vermittelt. Diesen Vermittler fällt es natürlich schwer, sich von klassischen Garantien zu lösen – zumal sie immer noch die Haftungsthematik im Hinterkopf haben. Vielfach fehlt schlichtweg das Verständnis, das Vertrauen in Fondspolicen in letzter Konsequenz zu leben. Wir müssen daher zunächst versuchen, den Vermittler dahingehend zu überzeugen, dass moderne Fondsprodukte – egal, ob mit oder ohne Garantie – kein Hexenwerk sind. Denn klar ist: Wenn ein heute 30-Jähriger seine Versorgungslücke im Alter schließen will, kann er das nicht auf Basis einer Bruttobeitragsgarantie erreichen – der Kunde braucht Rendite.

Gräfer: Mir wäre es vor ein paar Jahren nicht klar gewesen, dass wir nach 3.000 Jahren Menschheitsgeschichte – seitdem gibt es Zinsen – ein Nullzinsniveau erreichen werden. Das Gute ist: Die Kunden, die heute in konventionellen Rentenversicherungen investiert sind, nehmen an dieser kritischen Zinsentwicklung deutlich zeitversetzter teil. In der Regel gibt es auch noch eine ganz ordentliche Rendite. Daher würde ich heute nicht sagen, dass das Modell der Klassik kaputt ist. Es ist nur für die meisten Sparer nicht mehr das allein Seligmachende, weil ihnen die Rendite fehlt, die sie brauchen, um – wie bereits anklang – ihre Versorgungslücke aufzufüllen. Das Problem ist: Viele Sparer, auch in meinem Umfeld, sagen sich: lieber 0 Prozent Rendite, als auch nur einen Cent zu verlieren. Das liegt an der Unsicherheit in allumfassenden Lebensbereichen. Da braucht es einen Berater, der den Kunden durch unruhiges Fahrwasser lotst und sich von den neuen Produkten jenseits der Klassik inspirieren lässt.

Ein Beitragserhalt für den Kunden sei eigentlich schon zu hoch, erklärte jüngst Ihr Branchenkollege Johannes Lörper von der Ergo. Die Branche müsse hier „ein bisschen radikaler“ werden. Hat er recht?

Overbeck: Unbedingt. Auch ein Garantiezins von 0,9 Prozent ist schon zu hoch angesetzt. Die Senkung von 1,25 Prozent auf 0,9 Prozent zum 1. Januar 2017 hat die Bundesregierung nur deshalb beschlossen, um in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) die notwendige Beitragsgarantie zu ermöglichen. Aber bei einer negativen Rendite von 10-jährigen Bundesanleihen kann man auch keine 0 Prozent darstellen. Heißt also: Auch die derzeit recht beliebten Indexpolicen mit einer Bruttobeitragsgarantie bekommen auf lange Sicht Probleme. In letzter Konsequenz bleibt dem Kunden nur noch der Abschluss einer rein fondsgebundenen Police.

Nuschele: Was die „neue Klassik“ angeht, bin ich sogar noch etwas drastischer eingestellt. Für mich gibt es genau zwei Gründe, warum beispielsweise Hybrid-Modelle oder Indexpolicen angeboten werden: Zum einen sind Garantien aus gesetzgeberischen Gründen erforderlich, etwa in der bAV oder bei der Riester-Rente – was ich für unsinnig halte. Der zweite Aspekt ist, dass die Versicherer zu wenig Vertrauen in den Vertrieb haben: Die Branche traut sich nicht, Produkte ohne Garantien anzubieten, weil sie Sorge hat, dass sie dann kaum noch verkauft würden. Wir haben uns getraut. Wir haben gar keine Garantieprodukte mehr im Portfolio.

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