- Von Redaktion
- 27.07.2016 um 08:22
Heisig: Nach unserer Erfahrung wird von den meisten Kunden und Vermittlern derzeit sowieso ein Modell gewünscht, das über die Jahre keinen oder nur einen geringen Handlungsbedarf erfordert, also ETFs oder gemanagte Portfolios. Wenn das aber nicht der Fall ist und der Kunde selbst gestalten will, dann braucht es Impulse vom Versicherer.
Müsste man an bestehenden Produkten Ihrer Ansicht nach etwas verbessern?
Kieper: Häufig wäre bei den Produkten weniger mehr. Eine Fondspolice mit Verdoppelung der Rente bei schwerer Krankheit finde ich nicht sinnvoll. Der Kunde versteht irgendwann das Produkt nicht mehr. Die Komplexität eines Drei-Topf-Hybrids erschließt sich doch keinem. Ich würde mir wieder einfache Tarife wünschen.
Pradetto: Von Versichererseite wird oft versucht, Vergleichbarkeit zu vermeiden und auf Teufel komm raus Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, um den Vertrieb zu begeistern. Hier sollten Versicherer sich wieder darauf besinnen, was der Kunde braucht.
Was sagen Sie zu der Kritik, Herr Heisig, dass die Produkte tendenziell zu kompliziert sind? Sie bieten ja zum Beispiel einen dynamischen Drei-Topf-Hybrid an.
Heisig: Ich glaube nicht, dass die Produkte damit überfrachtet sind. Das sind Mechanismen, die Versicherer wählen müssen, um bestimmte Produktmerkmale herzustellen. Die Frage ist eher, was wir davon dem Kunden überhaupt noch erklären müssen. Der Drei-Topf-Hybrid ist der Motor innerhalb der fondsgebundenen Rente. Man erzählt heute dem Autokäufer auch nicht, wie der Motor funktioniert.
Dann kommen Verbraucherschützer mit dem Vorwurf: Das ist nicht transparent.
Heisig: Man muss vor allem transparent sein in Bezug auf Chancen und Risiken, die sich innerhalb des Produkts ergeben. Bei fondsgebundenen Versicherungen mit Garantielösungen muss man dem Kunden also verdeutlichen, dass er einen relativ hohen Preis für seine Garantien zahlt – im Sinne von niedrigen Partizipationsquoten in der Aktienanlage. So ein Mechanismus ist für den Kunden wichtig zu verstehen.
Inwiefern werden Mifid II, IDD & Co. zu mehr Durchblick führen?
Heisig: Diese Regulierungsvorhaben erhöhen meiner Ansicht nach die Komplexität für alle Beteiligten, aber leider nicht die Transparenz. Wenn man dem Kunden künftig ein Produkt als Basisrente oder Privatvertrag verkauft, muss man ihn mit zwei völlig unterschiedlichen Produktinformationsblättern konfrontieren, die auch völlig unterschiedliche Ergebnisse beispielsweise zu Kostenquoten zeigen werden. Ob und wo sich für den Kunden da ein Vorteil ergibt, kann ich im Moment nicht erkennen.
Pradetto: Heute hat man das Gefühl, dass ein Gesetz noch nicht mal ganz seine Wirkung entfalten kann, dann kommt schon gleich das nächste. Die Branche, und das macht mir wirklich Sorgen, kann sich kaum noch auf die wirklich wichtigen Sachen für den Kunden konzentrieren, weil die ganzen IT-Kapazitäten gebunden sind. Hier ist etwa die Digitalisierung zu nennen: Das Lebensversicherungsreformgesetz hat fast zwei Jahre technische Entwicklung bei den Versicherern gekostet. Das hätte dem Kunden nun wirklich eine Kostenersparnis gebracht.
Kieper: Mifid ist ein ausgewachsenes Monster. Es hat auf jeden Fall zu deutlich mehr Dokumentation geführt, aber nicht dazu, dass der Kunde das bessere Produkt bekommt. Und das werden wir im Grunde bei der neuen Versicherungsvermittlungsrichtlinie IDD genauso erleben.
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