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Blick in die Aktienbörse in New York: Anleger schaufeln weltweit viel Geld in ETFs © picture alliance / newscom | John Angelillo
  • Von Andreas Harms
  • 26.08.2024 um 17:33
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:55 Min

Anleger schichten offenbar massiv weiter Geld aus aktiv gemanagten Investmentfonds in Richtung ETF-Branche. Das zeigen nun neue Zahlen aus der Branche besonders eindrucksvoll. Eindrücke aus einer Welt, die zurzeit nur Rekorde zu kennen scheint.

Verbraucherschützer lieben sie eh schon seit Jahren – schließlich kosten sie eine ganze Ecke weniger als herkömmliche Investmentfonds: börsengehandelte Investmentfonds, die einen Index nachbilden. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich für sie das Kürzel ETF etabliert, was für Exchange Traded Funds steht, also wörtlich eigentlich „börsengehandelte Fonds“.

Zunächst ein paar Grundlagen: Indem sie einfach einen Marktindex nachbauen, zum Beispiel den Aktienindex MSCI World, brauchen sie keinen Fondsmanager und keine Aktienanalysten. Was sich im Preis niederschlägt. Während ein normaler Aktienfonds mit einer laufenden Managementgebühr von meist 1,5 Prozent daherkommt (die Gesamtkosten liegen noch höher), schlägt ein ETF mit Prozentbruchstücken zu Buche. Ein ETF auf den MSCI World ist in Deutschland mit Gesamtkostenquoten von 0,1 bis 0,5 Prozent zu bekommen, allerdings plus Handelskosten. Kleiner Unterschied, stimmt schon (mehr über den Preiseffekt bei Fonds lesen Sie hier).

Andererseits bekommen Anleger mit einem ETF ungeprüft jedes Unternehmen ins Portfolio, das auch im Index auftaucht. Sortiert nach Größe und nicht nach Qualität. Kann gut sein, muss aber nicht.

Auf jeden Fall zeigen einige aktuelle Zahlen, wie bemerkenswert heftig der ETF-Zug in Deutschland an Fahrt aufgenommen hat. Beginnen wir mit dem Halbjahresbericht des Investmentverbands BVI. Der zeigt Absatz und Vermögen der Investmentbranche auf dem Absatzmarkt Deutschland. Dort bestimmen freilich noch die aktiv gemanagten Fonds das Geschehen. Insgesamt liegen per 30. Juni 2024 insgesamt 1.489,5 Milliarden Euro in offenen Publikumsfonds. Davon fallen 264,5 Milliarden Euro auf ETFs.

ETFs dominieren BVI-Zahlen

Doch die Zu- und Abflüsse zeigen ein interessantes Phänomen. Denn den ETFs flossen in der ersten Jahreshälfte 12,8 Milliarden Euro netto neu zu. Für die Publikumsfonds insgesamt verzeichnet der BVI jedoch lediglich einen Zufluss von 11,7 Milliarden Euro. Verrechnet man das, ergibt sich aus aktiv gemanagten Fonds ein Netto-Abfluss von mehr als 1,1 Milliarden Euro. Diesen Effekt sucht man in der Statistik seit 2020 vergebens. Leider dröselt der BVI die Sache zumindest nicht regelmäßig weiter auf, interessant wären die Zahlen allemal.

Wie das aber im Detail aussehen kann, wenn ETFs die aktiven Fonds verdrängen, zeigt das Beispiel der Deutsche-Bank-Tochter DWS. Die stieg 2007 ins ETF-Geschäft ein und hat es seitdem unter der heutigen Marke Xtrackers stark ausgebaut. Das war in Deutschland bei kaum einer anderen Investmentgesellschaft so zu beobachten. 291 Milliarden Euro lagen zur Jahresmitte in passiven Investmentprodukten. Aktiv gemanagte Aktien-, Renten- und Mischfonds bringen es zusammen auf 379 Milliarden.

„Wenn 110% aller Netto-Zuflüsse aus ETFs kommen“

Auch hier ein spannender Trend. Denn in der ersten Jahreshälfte flossen netto 18 Milliarden Euro in passive Fonds, also hauptsächlich ETFs. Aus aktiven Aktien-, Renten- und Mischfonds floss durchweg Geld ab, insgesamt netto 24 Milliarden Euro. Das Hamburger Medienhaus „Finanz-Szene“ kommentierte das Phänomen übrigens in seiner unnachahmlichen Weise mit: „Wenn 110% aller Netto-Zuflüsse aus ETFs kommen.“ Wobei es sich auf die Quartalszahlen bezog, die etwas anders aussehen, aber im Prinzip dasselbe aussagen.

Die DWS auf dem Weg zum ETF-Haus? Vielleicht. Immerhin meint sie sogar selbst in ihrem Ausblick: „Es wird erwartet, dass sowohl ETFs als auch alternative Anlagen von einer breiteren Akzeptanz durch Privatanleger und vermögende Anleger profitieren werden.“

Anleger schichten also massiv Geld von aktiv nach passiv – und die Branche bedient das kräftig. Das belegen Zahlen des Branchenspezialisten ETFGI, den die langjährige ETF-Expertin Deborah Fuhr vor einigen Jahren gegründet hat.

So viele neue Fonds in sieben Monaten wie noch nie

In ihrer aktuellen Meldung titelte Fuhr einigermaßen euphorisch: „The global ETFs industry has shattered previous records with a record 1,063 new products listed in the first 7 months of the year.“ Was so viel heißt, wie: Noch nie hat die globale ETF-Branche so viele neue Produkte auf den Markt gebracht wie in den ersten sieben Monaten dieses Jahres, nämlich 1.063. Was allerdings nicht netto ist, dafür müsste man die 314 ETFs abziehen, die vom Markt genommen wurden. Trotzdem eine beeindruckende Zahl. Netto neu in Europa sind übrigens 115 ETFs.

Und am Ende noch ein paar Zahlen aus der Billionenzone. Die globale ETF-Branche verwaltet per Ende Juli umgerechnet rund 12,15 Billionen Euro. Das ist ein Rekord. Was auch sonst? Das Geld liegt in 12.565 ETFs oder anderen Exchange Traded Products (ETP) von 757 Anbietern. Es spricht einiges dafür, dass die Zahlen noch weiter steigen.

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Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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