- Von Redaktion
- 23.03.2015 um 12:00
Pfefferminzia: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe treibt derzeit das sogenannte Pflegestärkungsgesetz voran. Trägt dies dazu bei, dass die Pflegevorsorge in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird?
Stefan M. Knoll: Das ist nicht anzunehmen. Momentan ist für viele verständlicherweise anderes, wie der Ukraine-Konflikt oder die Turbulenzen um einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands, von höherer Brisanz. So erreicht das Gesetz nur wenige Interessierte – und es transportiert zudem die Botschaft: der Staat wird es bei der Pflege schon richten. Und das ist das eigentlich Fatale: Der deutsche Michel soll nämlich gar nicht auf die Idee kommen aufzuwachen.
Weil die Politik das Thema Pflege nicht im Griff hat?
Knoll: Genau, die Situation droht dieser Nation vollständig zu entgleiten. Wir verzeichnen die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik – und bekommen gerade mal eine schwarze Null hingerechnet. Wir führen eine Autobahnmaut mit der Begründung ein, dass diese für baufällige Brücken verwendet werden soll – dabei fließen zwei Drittel der Einnahmen aus dem Verkehr bereits in den Sozialbereich. Woher soll denn das nötige Geld kommen, wenn die heute 50- bis 60-Jährigen in Pension gehen – bei steigender Lebenserwartung, fragmentierenden Familien und dem Trend zu Single-Haushalten? Der soziale Sprengsatz ist sozusagen schon gezündet, und während der Explosionsphase diskutiert man, ob man noch etwas ausrichten möchte. Dabei ist lediglich die Frage, wann einen die Druckwelle erwischt.
Das klingt eher pessimistisch. Kann man denn politisch gar nichts tun?
Knoll: Doch, natürlich. Eine Lösung könnte etwa die Anerkennung steuerfreien Sachlohns im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze für eine private Pflegezusatzversicherung sein. Der Steuerausfall würde den Staat weniger kosten als die Zahlungen, die er für Pflegebedürftige übernehmen muss, die aufgrund fehlender private Vorsorge zum Sozialfall geworden sind. Das wäre ein wichtiger Schritt. Denn die Kinder, die wir für eine funktionierende Umlage der Pflegeversorgung brauchen, werden wir nun mal auch in Zukunft nicht herzaubern können.
Mancher meint, man müsse nur die Zahl der Leistungsträger über höhere Einwanderungsquoten steigern.
Knoll: Das scheidet auch aus, weil eine Einwanderung in dieser benötigten Größenordnung gar nicht zu stemmen wäre. Es führt kein Weg umhin: Wir müssen die Menschen in der Zielgruppe 20 bis 60 Jahre daran gewöhnen, dass sie je nach Alter zwischen 20 und 60 Euro monatlich für die Pflegevorsorge weglegen müssen.
Aber auch viele Berater schreckt die Komplexität der Pflegevorsorge ab.
Knoll: Vor diesem Hintergrund haben wir mit der DFV-DeutschlandPflege einen Beratungsansatz entwickelt, der die Kundenansprache erheblich vereinfacht. Wir glauben: Man braucht eine Verkaufstechnik, die es ermöglicht, das Produkt sozusagen en passent mit zu vermitteln. Denn bei aller Kritik hat der Staat mit der Pflegepflichtversicherung ein positives Zeichen gesetzt. Wir haben uns überlegt, diese staatlichen Leistungen über unser Produkt zu verdoppeln oder zu verdreifachen. Starte ich mit dieser Argumentation, muss ich nur noch darüber sprechen, dass die Pflegefallwahrscheinlichkeit so groß ist, dass statistisch jede Familie betroffen sein wird. Und wir haben die Unterlagen im DIN-A-6-Format konzipiert, sodass sie in jede Westentasche passen. Damit kann ich binnen Minuten das Verkaufsgespräch erledigen.
Ist das so auch haftungssicher?
Knoll: Ganz bestimmt. Wenn ich heute als Berater für die Pflegestufe Null dieses und für die Pflegestufe 3 jenes Produkt empfehle, muss ich mich zwangsläufig sehr gut auskennen. Und vielleicht begebe ich mich so auch in ein Haftungsrisiko. Deswegen haben wir den Weg gewählt, uns an den staatlichen Leistungen zu orientieren, die natürlich viel zu niedrig sind. Ich verkaufe Pflegeversicherungen im Übrigen auch gern an Kinder. Diese haben heute eine statistische Lebenserwartung von rund 100 Jahren. Und ich glaube, sie werden in den kommenden 60 Jahren Mittel und Wege finden, ihre Pflegeversicherung individuell aufzustocken. Das haben wir wie beim Festzuschuss für den Zahnersatz geregelt, daher kommt auch die Idee.
Wie teuer ist eine solche Absicherung?
Knoll: Gegenfrage – wie alt sind Sie, und haben Sie Kinder?
Ich bin 49, meine Söhne sind 7 und 11 Jahre alt.
Knoll: Ein 49-Jähriger zahlt monatlich 56,79 Euro für die Verdreifachung. Für einen Siebenjährigen kostet das 6,69 Euro, für einen 11-Jährigen 7,35 Euro. Wollen wir uns ernsthaft über Beträge zwischen 6 und 8 Euro im Monat unterhalten, um effizient für die Pflege vorzusorgen?
Rennt man Ihnen angesichts dieses Beratungsansatzes die Bude ein?
Knoll: Die Resonanz aus dem Vertrieb ist sehr gut, aber zwischen Erkenntnis und Handeln besteht oft ein gewisser Unterschied. Und mancher muss zunächst noch Vertrauen schöpfen, ob die Sache so einfach ist, wie wir sie darstellen. Ich bin jedoch sehr guten Mutes, dass wir im Lauf dieses Jahres mit dem neuen Produkt im Vertrieb durchstarten werden. Denn eins sollte man auch bedenken: eine Pflegeabsicherung in jungen Jahren ist ein Vertrag, der mehrere Jahrzehnte läuft. Das schafft viele Cross-Selling-Ansätze und eine dauerhafte Kundenbindung.
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