- Von Lorenz Klein
- 22.02.2021 um 08:39
Als „Blutbank, in der die Vampire die Buchhaltung machen“, hatte der Verhaltensökonom Harmut Walz jüngst die Lebensversicherer geschmäht (wir berichteten). Walz kam als Experte in der ARD-Reportage „Keine Zinsen – miese Rente“ ausführlich zu Wort und kritisierte darin vor allem die Kostenkalkulation der Lebensversicherer, insbesondere im Umgang mit der Riester-Rente.
In seinem Blog hat der Wissenschaftler von der Hochschule Ludwigshafen am Rhein nun noch einmal nachgelegt. Am Freitag kritisierte er in einem langen Beitrag mit dem Titel „Was Asmussen eigentlich besser wissen müsste“ den Auftritt von Jörg Asmussen in besagter ARD-Sendung. Asmussen wurde in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) interviewt. Darin äußerte er sich zu dem Vorwurf, dass die Lebensversicherer mit zu hohen Kosten operierten und dass es Wissenschaftlern wie Walz nicht ermöglicht werde, in die Kalkulation der Anbieter schauen zu dürfen.
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Asmussen sagte der ARD: „Also ich glaube, der Vorwurf ist so nicht richtig. Kostentransparenz ist für uns gesetzlich vorgeschrieben. Wir müssen unsere Kostenstruktur offenlegen.“ Und weiter: „Wir benennen seit 2015 für Lebensversicherungen die Kostenstruktur in einer einzigen Kennzahl, das sind die Effektivkosten – also das machen wir.“ (nachzuverfolgen ab Minute 31:25, auch Pfefferminzia verwies im Nachbericht zur Sendung auf das Zitat).
Aussage sei „großer Blödsinn“, schimpft Walz
Diese Aussage sei „großer Blödsinn“, schimpft Walz nun in seinem Blog-Beitrag – der „Cheflobbyist der Versicherer“ betreibe gar „Volksverdummung“. „Man kann eine Struktur nicht in einer Kennzahl benennen – eine Struktur ist eine Zusammensetzung, ein Gefüge, ein Aufbau“, schreibt Walz. Eine Kennzahl sei hingegen eine Zahl, eine Nummer, in der man „bestenfalls die Kostenhöhe benennen und offenlegen“ könne. „Dafür würde ich mir dann eine klare Angabe in Euro wünschen, die mir sagt, welcher Teil meines Blutes von den Vampiren der Blutbank abgezweigt wird“, knüpft Walz an seinen bildhaften Vergleich aus der ARD-Doku an.
Bei der Effektivkostenquote, die Asmussen nannte, handelt es sich Walz zufolge hingegen um eine „raffinierte optische Täuschung“, weil sich der Prozentwert „auf einen dem Verbraucher nicht bekannten und auch nicht einfach verständlichen Nenner“ beziehe.
GDV will sich zu den Vorwürfen nicht äußern
Und weiter: „Die von der Lobby durchgesetzte Angabe provoziert nämlich das völlig falsche Verständnis, dass sich die Effektivkosten auf die vom Kunden bezahlten Beiträge bezögen.“ Doch das sei „mitnichten der Fall“. Dazu verweist er auf Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg vom 7. September 2015, wonach eine DEVK-Lebensversicherung „mit einer ausgewiesenen Effektivkostenquote von 0,44 Prozent bei 100 Euro Monatsbeitrag stolze 11,93 Euro als Kosten einbehielt“. Diesen Betrag würde „jeder Normaldenkende als Kostenquote von knapp 12 Prozent verstehen“, schreibt Walz, aber das sei eine „Täuschung“ – und spottet, dass die Versicherungsmathematiker bestimmt lange gebraucht hätten, um sich eine „solch geniale Kennzahl“ auszudenken. Denn diese sei „eine hervorragende Informationsverhinderungskennzahl!“, echauffiert sich der Blog-Autor – zu dessen Vorwürfen sich ein GDV-Sprecher auf Anfrage von Pfefferminzia nicht äußern wollte.
Was Walz errechnete
Weiter berichtet Walz, dass er „mal selbst ein wenig nachgerechnet“ habe, um zu ermitteln, was so eine „harmlos anmutende“ Effektivkostenquote als Endwertverlust in Euro ausmache. Dafür habe er den Riester-Vertrag einer fiktiven Studierenden namens „Daniella Durchschnitt“ zugrunde gelegt. Ihr Vertrag weist eine Effektivkostenquote von 1,67 Prozent aus, was exakt dem Wert entspreche, den eine Studie der „Bürgerbewegung Finanzwende“ von Dezember 2020 als Durchschnitt bei Riester-Verträgen ermittelt habe.
Seite 2: „Begrenzt sinnvoll“ sei Riestern bei Kinderförderung
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