Baustelle vor dem Gebäude der Europäischen Zentralbank: Das Niedrigzinsumfeld und die Corona-Pandemie beeinflussen die Altersvorsorge hierzulande stark. © picture alliance / Klaus Ohlenschläger
  • Von Sabine Groth
  • 06.11.2020 um 12:40
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Welche Produkte eignen sich zur Altersvorsorge, wie reagieren Berater auf Garantiewünsche und wie wirkt sich Corona aus? Das und mehr fragten wir unsere Leser. Die Ergebnisse.

Zusätzlich zu den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wurde der „finanzstarke, solide, faire Anbieter“ als wichtiges Merkmal genannt. Hierzu haben wir detaillierter gefragt, welche Eigenschaften Berater bei einem Produktpartner im Bereich Altersvorsorge besonders schätzen. Knapp 80 Prozent legen Wert auf die langjährige Erfahrung des Anbieters. 70 Prozent erwarten stabile Bilanzen, und gut jedem Zweiten ist eine solide Vertriebsunterstützung besonders wichtig. Auch der persönliche Ansprechpartner, der bei Fragen und Problemen hilft, spielt für gut 40 Prozent eine entscheidende Rolle. Speziell nach den bevorzugten Anbietern für die private Altersvorsorge gefragt, wird eine Vielzahl von Versicherern genannt. Besonders häufig fallen die Namen Allianz (37 Prozent), Alte Leipziger (32 Prozent), Volkswohl Bund (30 Prozent), Canada Life (23 Prozent) und LV 1871 (20 Prozent).

Auch nach den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl von Fondspolicen, dem bevorzugten Altersvorsorge-Produkt unserer Umfrageteilnehmer, wurde gefragt. Hier spielt die größte Rolle die Flexibilität der Tarife, also die Möglichkeit von Beitragspausen, vorzeitigen Entnahmen, Fondswechseln und anderen Optionen, die dem Kunden vermitteln, dass seine Altersvorsorge möglichst gut an die Entwicklung seiner Lebensumstände angepasst werden kann. Ebenfalls bei Beratern gern gesehene Merkmale sind ein hoher, garantierter Rentenfaktor, eine umfangreiche Fondspalette und eine schlanke Kostenstruktur.

Lebenslange Laufzeit? Kenn ich nicht

Fondspolicen werden in der Regel mit einer festen Laufzeit vereinbart, die meist rund um den erwarteten Rentenbeginn, also mit 65 oder 67 Jahren, endet. Dann wird das angesparte Guthaben verrentet oder ausgezahlt. Es gibt jedoch innerhalb der ungeförderten privaten Vorsorge auch sogenannte Whole-Life-Policen, ­deren Laufzeit theoretisch bis ans Lebensende verlängert werden kann und die so eine hohe Flexibilität bieten. Wir wollten von unseren Lesern wissen, warum diese Policen einen relativ schwachen Zulauf haben. Der Hauptgrund ist schnell gefunden. 40 Prozent kennen gar keine Fondspolicen mit lebenslanger Laufzeit. 15 Prozent halten Laufzeittarife für einfacher in der Beratung, und 19 Prozent bevorzugen sie aus historischen Gründen. Immerhin eines gutes Viertel gibt an, in der dritten Schicht der Altersvorsorge nur Tarife mit lebenslanger Laufzeit zu vermitteln.

Lebensversicherungen und Garantien sind von jeher eng verwoben. In Zeiten „normaler“ Zinsen ließen sich Garantien gut abbilden und dennoch ansehnliche Erträge mit der Police erzielen. Das ist jetzt anders. Im Altersvorsorge-Gespräch stehen Berater daher häufig vor der Herausforderung, dass der Kunde gerne eine Police mit Garantie hätte, obwohl diese die mögliche Rendite stark belastet. Rund jeder zehnte Umfrageteilnehmer gibt dem Kunden, was er will, und vermittelt eine Garantiepolice. 18 Prozent weisen ihn darauf hin, dass er mit Garantie sein Anlageziel wohl nicht erreicht. Und etwa ebenso viele versuchen, den Kunden auf renditeträchtigere Policen zu beraten. Der Großteil der Befragten (52 Prozent) gibt an, gemäß des Paragrafen 7c des VVG zu beraten, nach dem sowohl Risikotoleranz als auch Anlageziel des Kunden zu beachten sind. Letztlich muss sich der Kunde dann entscheiden, was ihm wichtiger ist.

Niedrigzins erschwer Beratung

Der Niedrigzins erschwert nicht nur die Darstellung von Garantien, er erschwert auch ganz allgemein die Altersvorsorge-Beratung. 55 Prozent geben an, dass sich die Anforderungen an Altersvorsorge-Produkte durch die Niedrigzins­phase in den vergangenen fünf Jahren grundsätzlich verändert haben. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren bereits seit fünf Jahren mit weniger als einem Prozent, seit dem Frühjahr 2019 liegt die Rendite gar im Minusbereich. Große Veränderungen, die wieder zu auskömmlichen Renditen sicherer Anleihen führen – vor rund 20 Jahren gab es immerhin 5 Prozent auf die Zehnjährigen –, sind vorerst nicht zu erwarten. Die neuen Anforderungen dürften daher zum Standard werden. Neben den niedrigen Zinsen haben aber auch die Regulierung (12 Prozent) und veränderte Kundenbedürfnisse (16 Prozent) die alte Produktlandschaft infrage gestellt.

Voraussichtlich im Herbst 2021 kommt ein neues Stück Regulierung auf die Branche zu. Berater müssen sich dann zusätzlich zu den Präferenzen ihrer Kunden in Sachen nachhaltiger Geldanlage erkundigen. Wie das genau ablaufen soll, ist noch nicht festgelegt. Dennoch ist es empfehlenswert, sich jetzt schon mit dem Thema ESG zu beschäftigen, das auf die Berücksichtigung ökologischer, sozialer und die Unternehmensführung betreffende Kriterien bei der Anlageauswahl abzielt. Denn die neue Anforderung wird kommen, und zudem sind der Klimawandel, korrupte Manager und die Ausbeutung von Arbeitern schon heute relevante Faktoren für einige Kunden. Tatsächlich gaben 36 Prozent der Befragten an, dass sich ihre Kunden bereits für ESG interessieren. Weitere 20 Prozent sehen hier große Unterschiede bei den Altersgruppen. Und 17 Prozent versuchen bereits, das Thema an ihre Kunden heranzutragen. Etwas mehr als jeder Vierte betrachtet das Thema als noch nicht relevant.

 

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Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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