Sitz der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) in Nähe des Hauptbahnhofes. © VZHH
  • Von Lorenz Klein
  • 28.01.2022 um 15:50
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Lebensversicherte der R+V und deren Konzerntochter Condor haben über Jahre einen Teil der ihnen zustehenden Bewertungsreserven nicht erhalten. Diesen Vorwurf erhebt die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) und beruft sich auf Kundenschreiben. Bei der R+V gibt man sich zerknirscht – und will auf die betroffenen Kunden zugehen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat den Vorwurf erhoben, dass der Lebensversicherer R+V und dessen Tochter Condor ihren Kunden „über Jahre einen Teil der Bewertungsreserven vorenthalten“ haben. Die VZHH beruft sich dabei auf Schreiben aus 2021, die den Verbraucherschützern vorliegen und in denen beide Unternehmen eine fehlerhafte Berechnung zum Nachteil der Versicherten einräumten.

Darüber hinaus werde in den Schreiben eine Auszahlung der ausstehenden Beträge angekündigt, wie die Organisation mitteilte. „Dabei geht es auch um einen Vertrag, der bereits 2017 ausgezahlt wurde. Die Nachzahlungen betrugen viele hundert Euro“, hieß es.

Sandra Klug von der VZHH geht nun mit den Versicherern hart ins Gericht: „Es ist nicht zu entschuldigen, dass Berechnungsfehler über so lange Zeit in den Unternehmen unentdeckt bleiben.“ Die intransparente Berechnung der Bewertungsreserven sei für Verbraucherinnen und Verbraucher ein großes Problem, so Klug. „Es ist für den Einzelnen nicht zu erkennen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist und die Abrechnung stimmt.“

Bei der VZHH vermutet man nun, dass Kunden weiterer Versicherer von fehlerhaften Abrechnungen betroffen sind – und ruft Versicherte dazu auf, sich zu melden, wenn sie über eine fehlerhafte Berechnung der Überschussbeteiligung von ihren Lebensversicherern informiert wurden.

R+V räumt Fehler ein und will auf Kunden zugehen

Gegenüber Pfefferminzia räumte ein Sprecher der R+V ein, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei „mehreren Kundinnen und Kunden“ gekommen sei. Ihnen hätten die R+V Leben und die Condor Leben „wegen eines internen Fehlers einen zu geringen Betrag bezahlt“, so der Sprecher. Man nehme daher aktuell Nachzahlungen vor. Zur genauen Anzahl der Betroffenen bezog der Versicherer keine Stellung.

Grund für die zu geringen Auszahlungen sei „eine fehlerhafte Ermittlung der dem Kunden zustehenden Beteiligung an den sogenannten Bewertungsreserven“. Und weiter: „Wir bedauern sehr, einigen unserer Kundinnen und Kunden nicht direkt die ihnen zustehenden Leistungen ausgezahlt zu haben“, gibt sich der Sprecher zerknirscht – und gelobt zugleich Besserung: „Wir haben dies im Zuge unserer regelmäßigen Qualitätskontrollen festgestellt und umgehend korrigiert. Die von der fehlerhaften Ermittlung betroffenen Kundinnen und Kunden werden von uns eigenständig informiert und erhalten die ihnen noch zustehenden Beträge inklusive Verzugszinsen. Die betroffenen Kundinnen und Kunden werden von uns hierzu aktiv angesprochen.“

Was es mit den Bewertungsreserven auf sich hat

Die Beteiligung an den Bewertungsreserven ist 2014 durch das Lebensversicherungsreformgesetz neu geregelt worden. Daher raten die Hamburger Verbraucherschützer nun allen Betroffenen, deren Vertrag ab 2014 ausgelaufen ist oder gekündigt wurde, einen Musterbrief zu nutzen, der auf der Website der VZHH abrufbar ist. Mit dessen Hilfe sollen Versicherte ihre Lebensversicherung auffordern können, „die korrekte Berechnung der Überschussbeteiligung und Bewertungsreserven zu prüfen und etwaige Nachzahlungen zuzüglich Verzugszinsen unverzüglich auszuzahlen“, wie die Organisation betont.

Bewertungsreserven entstehen, wenn der Marktwert der Kapitalanlagen über dem Wert liegt, mit dem die Kapitalanlagen in der Bilanz ausgewiesen sind. Die Bewertungsreserven sorgen nach Darstellung der Versicherungswirtschaft für Sicherheit und dienen dazu, kurzfristige Ausschläge an den Kapitalmärkten auszugleichen. „Die Berechnung der Beteiligung der Bewertungsreserven als Teil der Versicherungsleistung basiert aufgrund gesetzlicher Vorgaben auf einem komplexen Formelwerk“, teilt die R+V abschließend mit.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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