- Von Achim Nixdorf
- 02.10.2020 um 16:02
Alt und arm – diese Kombination ist in Deutschland offenbar immer öfter anzutreffen. Besonders betroffen: die Generation 65 plus. Bei ihr stieg die Armutsgefährdung in den vergangen 15 Jahren um 4,7 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent an. Das geht aus aktuellen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervor. In keiner anderen Altersgruppe war der Anstieg seit dem Jahr 2005 so groß.
Regionale Unterschiede
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer offenbart, dass das höchste Armutsrisiko für ältere Menschen im Saarland (18,4 Prozent), in Rheinland-Pfalz (17,8 Prozent) und in Bayern (17,5 Prozent) besteht. Die niedrigsten Werte verzeichnet Brandenburg (12,5 Prozent), Schleswig-Holstein (13,0 Prozent), Thüringen und Sachsen (jeweils 13,4 Prozent). Seit 2005 besonders stark gestiegen ist die Armut laut Statistischem Bundesamt im östlichen Teil Berlins (plus 7,4 Punkte auf 14,8 Prozent) und in Nordrhein-Westfalen (plus 7,1 Punkte auf 16,8 Prozent).
Empfänger von Grundrente verdoppelt
Dass die Altersarmut in Deutschland steigt, zeigt sich auch bei einem Blick auf die Zahl der Personen, die im Rentenalter auf Grundsicherung angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ihre Zahl hat sich seit Einführung der Sozialleistung im Jahr 2003 bundesweit mehr als verdoppelt: von 258.000 auf 562.000. Damit beziehen aktuell 3,2 Prozent aller Rentner in Deutschland staatliche Hilfsgelder, 2003 waren es noch 1,7 Prozent.
Droht jedem Dritten die Altersarmut?
Fast jeder fünfte Rentner von Altersarmut betroffen
Besonders häufig auf Grundsicherung angewiesen sind Menschen in den Stadtstaaten, allen voran in Hamburg. Rund jeder zwölfte Einwohner der Hansestadt über der Altersgrenze erhält die Grundsicherung im Alter (8,5 Prozent) – im Bundesländer-Vergleich der höchste Wert. In Bremen (6,9 Prozent) und Berlin (6,6 Prozent) ist die Quote ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Das Statistische Bundesamt sieht hier einen Zusammenhang mit den höheren Lebenshaltungskosten in den Städten.
Osten leidet unter Alterung der Bevölkerung
Laut Destatis fällt der deutliche Anstieg der Armutsgefährdung bei Älteren in den östlichen Bundesländern umso stärker ins Gewicht, da die Bevölkerung dort besonders stark altert. Die Gründe dafür seien vielfältig: Sie reichten von der Abwanderung überwiegend junger Menschen in die westlichen Bundesländer und eine geringe Zuwanderung aus dem Ausland über rückläufige Geburtenzahlen bis zu einer gestiegenen Lebenserwartung.
2019 war mehr als ein Viertel der Menschen im Osten älter als 64 Jahre (26,0 Prozent), im Westen war es etwas mehr als ein Fünftel (21,1 Prozent). „Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen“, heißt es in einer Einschätzung des Statistischen Bundesamtes dazu. „Der Anteil der Menschen über 64 Jahre dürfte bis 2030 in Ostdeutschland auf über 30 Prozent steigen und anschließend auf diesem Niveau verharren. Im Westen Deutschlands wird er sich voraussichtlich auf 25 Prozent im Jahr 2030 und auf 28 Prozent im Jahr 2040 erhöhen.“ Im europäischen Vergleich lag Deutschland mit einem Anteil der über 64-Jährigen von 21,5 Prozent im vergangenen Jahr über dem Durchschnitt der EU (20,3 Prozent).
Corona kann Trend verstärken
Experten wie der Kölner Soziologe und Armutsforscher Christoph Butterwegge befürchten, dass die aktuelle Corona-Pandemie den Armutstrend noch verstärken wird. „Die Altersarmut wird durch die Rezession deutlich ansteigen“, glaubt er. Betroffen von Kurzarbeit und Entlassungen seien vor allem Menschen mit geringem Einkommen.
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