- Von Lorenz Klein
- 27.02.2020 um 09:24
Frauen haben bei Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Absicherung in den vergangenen Jahren aufholen können – doch insbesondere bei der Versorgung im Alter stehen die Männer noch deutlich besser da. Nimmt man gesetzliche Rente, betriebliche und private Alterssicherung zusammen, beziehen Frauen durchschnittlich ein um 53 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer. Immerhin: Anfang der 1990er Jahre lag die sogenannte Gender Pension Gap sogar bei 69 Prozent.
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„Diese Entwicklung zeigt beispielhaft: Der Rückstand der Frauen wird in wichtigen Bereichen kleiner. Aber Fortschritte bei der Gleichstellung vollziehen sich meist sehr langsam“. Zu diesem Fazit kommt Karin Schulze Buschoff vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Das WSI hat im Vorfeld des internationalen Frauentags am 8. März eine Studie zum Stand der Gleichstellung veröffentlicht. Darin wird anhand von 29 Indikatoren beleuchtet, wo es Fortschritte gegeben hat und wo nicht.
Ungleiche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit
Demnach haben Frauen bei schulischer und beruflicher Qualifikation weitgehend mit den Männern gleichgezogen. So liegt die Erwerbsbeteiligung von Frauen aktuell um knapp 8 Prozentpunkte niedriger – vor knapp 30 Jahren war die Differenz noch fast dreimal so groß. Ein wesentlicher Grund für fortbestehende Unterschiede ist laut der Studie die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit, etwa bei familiärer Kinderbetreuung, Pflege oder Haushalt (Gender Care Gap): Bei Frauen mache unbezahlte Arbeit nach den neuesten verfügbaren Zahlen 45 Prozent an der Gesamtarbeitszeit aus. Bei Männern seien es hingegen nur 28 Prozent, auch wenn Männer zum Beispiel bei der Pflege „langsam mehr Aufgaben übernehmen“, wie es heißt.
Um Familie und Erwerbsarbeit unter einen Hut zu bringen, arbeiten Frauen den Autoren zufolge gut viermal so häufig Teilzeit wie Männer (46 Prozent gegenüber gut 11 Prozent 2018). Und von den Beschäftigten, die ausschließlich einen Minijob haben, sind 62 Prozent weiblich. Dieses Ungleichgewicht trage, unter anderem wegen geringerer Karrieremöglichkeiten, wesentlich dazu bei, dass der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen knapp 21 Prozent unter dem von Männern liege.
„Typisch weibliche“ meist schlechter bezahlt
Eine weitere Ursache für den Verdienstrückstand sind laut Studie „sehr stabile geschlechtsspezifische Präferenzen bei der Berufswahl, verbunden damit, dass „typisch weibliche“ Berufe, etwa im Pflege- und Gesundheitsbereich, meist schlechter bezahlt werden als technische Berufe, in denen Männer dominieren. 25 Prozent der weiblichen Beschäftigten mit Vollzeitstelle verdienten weniger als 2.000 Euro brutto im Monat, bei den Männern sind es 14 Prozent. Immerhin sei der Abstand bei den Entgelten in den vergangenen Jahren etwas kleiner geworden, wozu auch der gesetzliche Mindestlohn beigetragen habe.
Das fordert die Studie
Um die Geschlechterlücke zu verkleinern, schlägt das WSI unter anderem vor, stärkere Anreize für Männer zu schaffen, Sorgearbeit zu übernehmen, etwa durch eine schrittweise Erweiterung der Partnermonate im Elterngeld auf sechs Monate statt bislang zwei Monate.
Außerdem sollten es mehr Möglichkeiten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene geben, geschlechteruntypische Berufe/Berufsfelder kennenzulernen. Zudem müsse es eine finanzielle Aufwertung von frauendominierten Berufen im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsbereich geben, um diese für beide Geschlechter attraktiver zu machen. Auch fordert das Institut einen weiteren Ausbau der institutionellen Betreuung von Kleinkindern, etwa in Kindertagesstätten.
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