- Von Redaktion
- 20.02.2014 um 14:16
Von Thorsten Rudnik und Björn Bendiksen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Dezember 2013 eine überraschende Entscheidung für viele Besitzer einer Lebens- oder Rentenversicherung getroffen. Er entschied nämlich, dass eine gesetzliche Regelung, wonach ein Widerspruchsrecht auch bei fehlender, unvollständiger oder falscher Belehrung spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, gegen europäisches Recht verstößt (Aktenzeichen C-209/12). Mögliche Folge dieser Entscheidung: Versicherte können nicht nur sämtliche eingezahlten Beiträge, sondern auch eine angemessene Verzinsung fordern.
Das aktuelle EuGH-Urteil könnte nun zur Folge haben, dass alle Lebensversicherungskunden, die zwischen Januar 1995 und Dezember 2007 einen Vertrag abgeschlossenen haben, diesem widersprechen könnten – mit der Folge, dass ein verlustfreier Ausstieg aus diesen Verträgen möglich ist.
Das Problem: Der EuGH hat dem deutschen Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung vorgelegt, der nunmehr urteilen wird. Wann dies sein wird, ist noch unklar. Den wiederholt veröffentlichten Rat zunächst bis zur BGH-Entscheidung abzuwarten, teilen wir nicht. Wichtig ist es sofort zu handeln. Denn wie der BGH das Urteil des EuGH umsetzen wird, weiß heute niemand. Es muss aber damit gerechnet werden, dass der BGH „Zeitschranken“ einbaut, um die gesamte Lebensversicherungsbranche nicht in Gefahr zu bringen.
Denkbar wäre, dass der BGH bereits im ersten Halbjahr des Jahres 2014 entscheidet und dann nur noch die Kunden erfolgreich ihren Widerspruch durchsetzen können, die bereits vor der BGH-Entscheidung gehandelt hatten, also nachweisbar widersprochen oder bereits Klage eingereicht haben.
Deshalb sollten Versicherte jetzt prüfen lassen, ob ein Widerspruch des Vertrages möglich und sinnvoll wäre. Denn es ist immer eine Einzelfallprüfung erforderlich. Wichtig: Kunden dürfen ihren Vertrag nicht kündigen. Wenn sich Versicherte von ihrer Lebens- oder Rentenversicherung tatsächlich schadlos trennen wollen, müssen sie stattdessen dem Vertrag „widersprechen“.
Falls Versicherer Widersprüche zurückweisen, wird es erforderlich sein, ein anwaltliches Schreiben folgen zu lassen. Sollten die Unternehmen auch hier ablehnen, muss Klage eingereicht werden. Besteht eine Privat-Rechtsschutzversicherung sind die Kosten hierfür meist gedeckt. Die Prüfung, ob die Rechtsschutzversicherung die Kosten für die Klage übernimmt, sollte stets am Anfang einer anwaltlichen Tätigkeit stehen.
Zu den Autoren
Versicherungsberater Thorsten Rudnik
Nach einer Ausbildung bei der Allianz und Studium der Betriebswirtschaftslehre war er seit 1993 in verschiedenen
Funktionen für die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein und den Bund der Versicherten e. V. (BdV) tätig. Dem
BdV-Vorstand gehörte er von November 2005 bis März 2013 an; über mehr als zehn Jahre verantwortete er dort den
Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Im Jahr 2003 hat er vom Präsidenten des Landgerichts Kiel die Zulassung
als gerichtlich zugelassener Versicherungsberater erhalten, die nach einer gesetzlichen Änderung im Jahre 2007 bei
der IHK Kiel besteht.
Rechtsanwalt Björn Bendiksen
Er arbeitet seit 1997 als Rechtsanwalt und ist spezialisiert auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
nach fehlerhafter Anlageberatung und auf Lebensversicherungsrecht.
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