- Von Andreas Harms
- 14.03.2022 um 14:02
Manche Anleger mögen es einfach, wenn ihr Geld sicher liegt. Das darf man nicht von der Hand weisen, schließlich kommt der Wunsch aus einem inneren Bedürfnis heraus. Viele Anbieter von Altersvorsorge haben darauf reagiert (und tun es immer noch), indem sie zu einem bestimmten Termin einen bestimmten Geldbetrag garantieren. Das können die kompletten eingezahlten Beträge sein, oder aber ein Teil davon.
Wer so etwas nutzt, sollte sich aber im Vorfeld darüber klar werden, dass die Sache mit der Garantie einige Haken hat.
Garantie ist nicht gleich Sicherheit
Es bringt keinerlei Sicherheit oder gar Berechenbarkeit, wenn zum Ende eines Vertrags eine bestimmte Geldsumme garantiert ist. Denn sie bezieht sich immer nur auf den nominalen Wert, also den Wert in Euro. Völlig offen ist, wie viel der Sparer später damit anfangen kann.
„Aktien sind gefährlich, aber langfristig risikoarm“
So würde ein Dax-Sparplan jetzt im Crash dastehen
Wie hohe Inflation die Altersvorsorge ausbremst
Nehmen wir einen halben Liter Bier in der Kneipe. Der mag heute in Hamburg vielleicht 6 Euro kosten. Bei einer Inflation von durchschnittlich 2 Prozent im Jahr kostet er in 20 Jahren 8,92 Euro. Steigen die Preise allerdings um 5 Prozent im Jahr, wären es in 20 Jahren satte 15,92 Euro. Das ist fast das Doppelte. Ist das berechenbar? Wie die aktuelle Diskussion zur gestiegenen Inflation zeigt: nein.
Damit sticht auch das übliche Contra-Aktien-Argument, die Renditen seien nicht kalkulierbar, zu keiner Zeit mehr. Denn auch bei einem noch so fest gemauerten Langfristzins (aber selbst den gibt es ja gar nicht) bleibt völlig unklar, wie viel das Vermögen am Ende wert ist.
Garantie wirkt zyklisch
Eine der wohl einfachsten Weisheiten an der Börse lautet: Billig kaufen und teuer verkaufen. Tatsächlich hat sich das Prinzip im täglichen Leben gut durchgesetzt. Leute, die es zur Perfektion beherrschen, nennen sich Schnäppchenjäger. Nur an der Börse will das nicht so recht klappen.
Garantiemodelle verkehren den Gedanken sogar komplett, indem sie zu sichern beginnen, wenn Kurse in die Nähe der versprochenen Beträge sinken. Das ist Prozyklik in Reinkultur und kostet sehr viel Rendite. Sie würde nur dann etwas bringen, wenn die Kurse nach dem Ausstieg noch weiter sänken und das Garantiesystem rechtzeitig wieder einstiege und an den dann steigenden Kursen wieder dabei wäre. Aber klappt das wirklich? Zumindest nicht oft.
Aktienrisiken steigen im Crash nicht, sondern sinken
Natürlich kann einem mulmig werden, wenn wie aus dem Nichts eine Krise kommt und Aktienkurse einbrechen. Es ist einfach kein schöner Anblick, wenn das eigene Vermögen schrumpft, ganz klar. Und der laute Chor an schlechten Nachrichten, den Medien dann gern zusätzlich anstimmen, kann einem wirklich den Rest geben.
Doch wohlgemerkt: Obwohl man das Gefühl bekommen könnte, die Risiken würden in solchen Zeiten steigen, tun sie es nicht. Denn sie waren vorher schon da. Man konnte sie nur nicht sehen oder hat sie nicht zur Kenntnis genommen. Anleger verdrängen gern auch mal was. Weshalb Marktteilnehmer Risiken gern in „nicht gesehen“ (unseen) und „nicht bekannt“ (unknown) einteilen. Aber eben nicht in „nicht vorhanden“.
Die Aktienkurse reagieren also auf scheinbar neue Risiken und fallen. Damit passen sich die Kurse neuen Erkenntnissen an. Aber je tiefer sie fallen, desto niedriger sinkt das Risiko, dass sie noch weiter fallen. Natürlich vorausgesetzt, es gibt weiter Menschen und eine Erde, die sich dreht. Es ist wie bei einer Leiter: Je tiefer man auf ihr steht, desto geringer ist das Risiko herunterzufallen und sich den Arm zu brechen.
Im Crash zu verkaufen, kann deshalb nur wenige Gründe haben: ruhiger zu schlafen, noch niedriger wieder zurückzukaufen oder in etwas anderes zu dem Zeitpunkt Günstigeres umzuschichten.
Oder man braucht einfach nur genau dann Geld und hat keine anderen Reserven griffbereit. Das ist dann wirklich verflixtes Pech.
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