Oliver Schoeller, Vorstandschef der Gothaer © Gothaer
  • Von Andreas Harms
  • 14.12.2022 um 08:06
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Der Vorstand der Gothaer blickt auf 2022 zurück und präsentiert sehr ordentliche Zahlen, die nicht wirklich von irgendeiner Krise künden. Stattdessen zeigt die Pressekonferenz an mehreren Punkten, welchen enormen Einfluss die Zinswende auf den Versicherer hat. Punkte, die sich ohne weiteres auf die ganze Branche übertragen lassen.

Krise hin, Krise her, ist da überhaupt eine Krise? Was Gothaer-Vorstandschef Oliver Schoeller da auf der Pressekonferenz präsentiert, kann sich vor allem vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Untergangsgeraunzes absolut sehen lassen. Die Bruttobeiträge im Krankengeschäft des von ihm geleiteten Kölner Versicherungkonzerns ziehen in diesem Jahr voraussichtlich um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 918 Millionen Euro an. Im Kompositgeschäft geht es gar um 5,0 Prozent auf 2.437 Millionen Euro aufwärts. Treiber sind dort insbesondere die Unternehmerkunden, bei denen die Beiträge im Schaden-, Haftpflicht- und Unfallgeschäft bei der Gothaer Allgemeinen um kraftvolle 10,6 Prozent anziehen.

Dafür beruhigt sich die im Vorjahr auf 121,1 Prozent eskalierte Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) wieder auf immerhin 97,8 Prozent. Was daran liegt, dass es in diesem Sommer keinen Bernd II gab. Obwohl im Februar 2022 eine Sturmserie aus Ylenia, Zeynep und Antonia ebenfalls enorme Schäden anrichtete, kommt sie nicht im Ansatz an Bernd aus dem Sommer 2021 heran. Der schwemmte nämlich 478 Millionen Euro aus den Büchern der Gothaer, die drei Stürme brachten es auf „nur“ 49 Millionen Euro.

Im Geschäft mit Krankenversicherungen begrüßte die Gothaer ihren 700.000. Kunden. Der Jahresüberschuss im Konzern steigt um 1,1 Prozent auf 83 Millionen Euro und das Eigenkapital um 5,3 Prozent auf 1.497 Millionen Euro. Krisen gehen anders.

Interessant ist allerdings, wie sich ein bestimmtes, entscheidendes Motiv durch die Präsentation zieht und an unterschiedlichen Stellen immer wieder auftaucht: der gestiegene Zins. Dabei handelt es sich mitnichten nur um Gothaer-eigene Umstände – eher um Sachverhalte, die sich auf die ganze Branche übertragen lassen.

Leben-Geschäft gegen Einmalbeitrag

Ich habe nicht ohne Grund zu Beginn die Zahlen aus dem Lebensversicherungsgeschäft weggelassen. Denn dort büßte die Gothaer kräftig ein – die Bruttobeiträge gingen um 16,4 Prozent auf 1.209 Millionen Euro zurück.

Nun muss man einerseits hinzufügen, dass der Rückgang nach einem außergewöhnlich starken Vorjahr mit heftigem Jahresschlussverkauf erfolgte. Eine weitere Ursache nennt jedoch Michael Kurtenbach, Vorstandschef der Gothaer Leben: die Banken. Tatsächlich geht der Rückgang fast komplett auf Policen mit Einmalbeitrag und dort wiederum zum größten Teil auf den Bankvertrieb zurück. Einige Jahre lang hatten Banken kein sonderlich hohes Interesse an hohen Einlagen. Zudem erhoben sie Strafzinsen auf Kontoguthaben, weil sie bei der Europäischen Zentralbank ihrerseits welche auf die Kontoguthaben zahlen mussten.

Diese Phase endete aber in diesem Jahr, Zinsen stiegen, Geld war nicht mehr kostenlos. Das führte dazu, dass Banken eben nicht mehr bereitwillig freigewordenes Geld in Policen schaufelten.

Seite 2: Cash wird wieder King

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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