Oliver Schoeller, Vorstandschef der Gothaer © Gothaer
  • Von Andreas Harms
  • 14.12.2022 um 08:06
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Der Vorstand der Gothaer blickt auf 2022 zurück und präsentiert sehr ordentliche Zahlen, die nicht wirklich von irgendeiner Krise künden. Stattdessen zeigt die Pressekonferenz an mehreren Punkten, welchen enormen Einfluss die Zinswende auf den Versicherer hat. Punkte, die sich ohne weiteres auf die ganze Branche übertragen lassen.

Das Portfolio

Im Jahr 2022 verschob sich einiges in den Kapitalanlagen der Gothaer. Die genauen Beträge lieferte sie nicht, weshalb auch die exakten prozentualen Verluste nicht klar sind. Allerdings sank der Anteil von Staatsanleihen und staatsnahen Anleihen um bemerkenswerte 8,9 Prozentpunkte auf 33,1 Prozent. Das liegt einerseits an starken Kursverlusten – allein die zehnjährige Bundesanleihe verlor seit Jahresanfang fast 18 Prozent an Wert (Stand: 13. Dezember 2022). Andererseits berichtet der Versicherer davon, dass er alternative Anlagen „leicht ausgebaut“ habe, unter anderem direkte Kredite (Private Debt) und Infrastruktur.

Bedeutung der Liquidität

Indem die Anleihekurse wie oben beschrieben einbrachen, bescherten sie Versicherern in diesem Jahr nicht realisierte Kursverluste, die als sogenannte stille Lasten existieren. Solche Verluste sind kein Problem, weil Anleihen am Ende der Laufzeit sowieso zu 100 Prozent zurückgezahlt werden – egal, wie der Kurs zwischenzeitlich verlief. Laut werden die Lasten somit nur dann, wenn der Versicherer gezwungen wird, die Anleihen zwischenzeitlich zu miesen Kursen zu verkaufen.

Deshalb müssen die Häuser jetzt gut im Blick behalten, wann Kunden wie viel Geld benötigen. Für diese Zeitpunkte brauchen sie die nötige Liquidität – um eben nicht verkaufen zu müssen. Das war jahrelang anders, weil sie bei Anleihen durch die sinkenden Zinsen auf Kursgewinnen, also stillen Reserven saßen. Ein Verkauf tat da nicht weh. Andererseits war es schwierig genug, in dem Niedrigzinsumfeld noch irgendwie rentable Anlagen zu finden.

Wie sehr sich der Wind gedreht hat, zeigt eine Zahl, die Finanzvorstand Harald Epple auf Nachfrage verrät: Würde die Gothaer heute alles Geld zu aktuellen Konditionen neu anlegen, ergäbe das eine Rendite von etwa 4 Prozent.

Zinszusatzreserve im Blick

Der Versicherungsverband GDV hatte es schon angekündigt, die Gothaer hat’s bestätigt: Die Zinszusatzreserve (ZZR) saugt erst einmal kein weiteres Geld an. Sie ist „durch die schnelle und starke Zinswende bereits in 2022 ausfinanziert“, teilt der Konzern mit. Damit fällt eine große Last weg. Jetzt könne man sogar die Überschussbeteiligung erhöhen, lässt die Gothaer verlauten.

Zur Erklärung: Die ZZR sollte seit 2011 helfen, trotz damals schon empfindlich sinkender Zinsen Garantiezinsen aus älteren Verträgen noch zahlen zu können. Dafür stellten die Lebensversicherer zum Teil zweistellige Milliardenbeträge pro Jahr zurück.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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