Björn Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht, für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Informationstechnologierecht bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke & Reichow
  • Von Björn Thorben M. Jöhnke
  • 09.03.2022 um 10:54
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Ein häufiges Problem in der Wohngebäudeversicherung ist die Frage, ob Versicherer für Nässeschäden aufkommen müssen. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte jüngst über einen Nässeschaden, der durch das Austreten von Wasser aus einer undichten Fuge verursacht wurde. Wie der Fall vor dem BGH ausging, schildert Rechtsanwalt Björn Jöhnke in seinem Gastbeitrag.

In welchen Fällen muss die Wohngebäudeversicherung für Nässeschäden aufkommen? Diese Frage sorgt immer wieder für Streit zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer – und wird demzufolge auch vor Gerichten ausgefochten, wie der vorliegende Fall zeigt, über den der Bundesgerichtshof (BGH) am 20. Oktober 2021 (Aktenzeichen: IV ZR 236/20) urteilte.

Der Sachverhalt vor dem BGH

Der klagende Versicherungsnehmer begehrte von der beklagten Versicherung die Leistung aus einer Wohngebäudeversicherung. Eine Silikonfuge im Duschbereich wurde undicht und es trat aus der vermeintlich verdichteten Wand Wasser aus. In der Klausel Ziffer 3 „Nässeschäden“ der VGB 2008 wurden „Leitungswasser“-Schäden wie folgt versichert:

„Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden [..].

Das Leitungswasser muss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen [ausgetreten sein].“

Der Versicherer verweigerte die Leistung mit der Begründung, dass das Wasser nicht aus einer mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtung austrat.

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Die rechtliche Bewertung des BGH

Der BGH gab dem Versicherer Recht. Die Klausel Ziffer 3 der VGB 2008 versichert Leitungswasser-Schäden. Es musste geklärt werden, ob das Austreten von Wasser aus der Fuge ein versicherter Schadensfall war. Für die rechtliche Bewertung war es insofern unerheblich, ob sich das schadensverursachende Wasser aufgrund von Leitungswasser angesammelt hat, denn die Klausel enthält eine Risikobegrenzung auf Leitungswasser, das aus Rohren oder sonstigen Einrichtungen ausgetreten ist. Somit musste der BGH klären, ob die undichte Fuge als sonstige mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtung zu verstehen ist.

Versicherungsbedingungen werden nach Paragraf 307 BGB so ausgelegt, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnis verstehen muss. Der Wortlaut der Klausel ist insoweit eindeutig, als dass die Einrichtung, aus der das Wasser austritt, mit dem Rohrsystem verbunden sein muss. Weder die Fuge selbst noch das Gesamtkonstrukt der Dusche sind in einer mit Rohren oder Schläuchen vergleichbaren Weise mit den Rohren verbunden. Die Klausel nimmt mit der Begriffsverwendung „sonstigen Einrichtungen“ einen erkennbaren Bezug zur Erforderlichkeit einer Sachverbindung mit dem Rohrsystem auf, die in ihrer Qualität den Rohren und Schläuchen ähneln muss. Eine Dusche und das sonstige Interieur eines Badezimmers weisen allerdings erkennbar keinen Bezug zum Rohrsystem auf.

Diese Klausel ist auch nicht überraschend im Sinne des Paragrafen 305c Absatz 2 BGB, denn der Versicherungsnehmer kann nicht erwarten, dass jedweder Wasserschaden versichert sei, insbesondere sollen Wasserschäden aufgrund offener Duschräume nicht versichert sein.

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Die Entscheidung des BGH kann überzeugen. In rechtlich nachvollziehbarer Weise kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass vorliegend kein versicherter Schaden vorliegt. Für die Wohngebäudeversicherung stellen Wasser- und Brandschäden die häufigste Schadensquelle dar. Da sich Schadensfälle nun mal nicht immer ähneln, müssen die Gerichte jeden neuen Fall als Einzelfall überprüfen. Demnach sind stets die dem Vertrag zugrundeliegenden Bedingungswerke zu überprüfen, so dass die Gerichte die Klauselgewerke zunächst auszulegen und so dann gegebenenfalls einer AGB-Kontrolle unterziehen. Vorliegend kam der BGH nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass kein versicherter Leitungswasserschaden vorliegt.

Weitere Urteilsbesprechungen zu diesem Bereich können hier nachgelesen werden. Zu diesen Rechtsthemen referieren die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow auf den kostenfreien Vermittler-Treffs, für welche sich hier angemeldet werden kann.

Über den Autor

Rechtsanwalt Björn Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht, für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Informationstechnologierecht bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft.

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Björn Thorben M.

Björn Thorben M. Jöhnke

Björn Thorben M. Jöhnke ist Gründer und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

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