- Von Lorenz Klein
- 11.02.2021 um 17:40
Als „Jahrhundertwinter“ wird bis heute die Schneekatastrophe bezeichnet, die sich im Winter 1978/79 in Norddeutschland ereignete. Und wie der Name schon sagt, ist nicht davon auszugehen, dass sich so ein dramatisches Wetterereignis bereits knapp 40 Jahre später wiederholt – zumindest nicht durch die statistische Brille betrachtet.
Zwar kam es im Norden und der Mitte Deutschlands am vergangenen Wochenende zu Sturmböen mit mehr als 80 Stundenkilometer, Schneemengen von mehr als 20 Zentimeter, Eisregen südlich dieser Zone und sogar „Blutregen“ in Teilen Baden-Württembergs – und doch können die deutschen Versicherer gelassen auf die jüngsten Kapriolen des Winters schauen. Die Auswirkungen auf die Branche seien überschaubar, lautet das Fazit der aktuariellen Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) aus Köln.
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Frostschäden kosten Versicherer rund 150 Millionen Euro
„Vereinzelt wird es Sturmschäden geben, die in der Wohn- und Hausratversicherung nahezu flächendeckend versichert sind“, so MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. Die erreichten Windgeschwindigkeiten seien aber „bei weitem zu gering, um zu einem nennenswerten Schadenereignis zu führen“.
Grundsätzlich gilt, dass Hochwasser- und Schneedruckschäden von der erweiterten Elementarversicherung gedeckt sind. Diese Deckung haben aber nur knapp die Hälfte (45 Prozent) der Gebäude hierzulande, im Norden sogar weniger als 30 Prozent, so der Hinweis der Experten von MSK. Zudem sei das Ereignis für regionale Schneedruckschäden zu kurz – und obendrein seien auch die hochwassererfahrenen Rheinländer die jüngsten Pegelstände gewöhnt. „Das erhöhte Unfallaufkommen auf den Straßen verursacht einen zusätzlichen Schadenbeitrag von vielleicht 10 Millionen Euro“, schätzt Experte Siems.
Selbst der Winter 1978/79 fiel den Versicherern kaum zur Last
Interessanterweise fiel der versicherte Schaden selbst im besagten Jahrhundertwinter von 1978/79 nur geringfügig aus, berichten die Analysten von MSK. So habe der geschätzte gesamtwirtschaftliche Schaden, der zwischen 28. Dezember 1978 und 4. Januar 1979 in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg entstand, bei nur 150 Millionen D-Mark gelegen. Und daher tauche dieses Ereignis in den Statistiken der Versicherer nicht auf, wie es bei MSK heißt. „Ein Grund liegt auch darin, dass damals kein Versicherungsschutz für Elementargefahren angeboten wurde“, erläutert MSK-Manager Siems.
Hohe Schäden in der DDR
Übrigens: Auch in der DDR verursachte das Wettergeschehen von 1978/79 nach MSK-Angaben einen volkswirtschaftlichen Schaden, der knapp 8 Milliarden DDR-Mark für die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen betrug. „Die historischen Auswirkungen, die der damalige Winter dort anrichtete, liegen jedoch abseits der Frage, wie hoch der versicherte Anteil der Kosten ausfiel“, geben die Marktexperten zu bedenken.
„Die Katastrophe traf die DDR damals härter als Westdeutschland, da beispielsweise alle Braunkohlekraftwerke ausfielen und nur das Kernkraftwerk in Greifswald die Stromversorgung der DDR sicherstellen konnte“, schildert Onnen Siems. Und weiter: „Viele sagen daher, der Winter von 1978/79 sei der Anfang vom Ende der DDR gewesen.“
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