Eine Fahne der Provinzial Rheinland in Düsseldorf: Das Unternehmen aus dem Provinzial-Konzern ist von der Flutkatastrophe im Juli massiv betroffen. © picture alliance / dpa | Federico Gambarini
  • Von Lorenz Klein
  • 25.08.2021 um 15:48
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 02:25 Min

Die Schäden, die der öffentliche Versicherer Provinzial für die Flutkatastrophe von Juli aufwenden muss, haben inzwischen eine Milliarde Euro erreicht – das wären noch einmal 240 Millionen Euro mehr als das Unternehmen zuletzt meldete. Bis zu 1,5 Milliarden Euro könnten es den Angaben zufolge noch werden. Pfefferminzia hat nachgefragt, inwieweit der Konzern nun auf die Unterstützung von Rückversicherern bauen kann.

Das Schadenausmaß, das der öffentliche Versicherer Provinzial infolge der extremen Starkregenfälle im Juli in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu regulieren hat, ist noch einmal deutlich gestiegen. Nachdem der Konzern zunächst ein Schadenvolumen von rund 760 Millionen Euro gemeldet hatte (wir berichteten), bezifferte Vorstandschef Wolfgang Breuer die Schäden auf nunmehr eine Milliarde Euro – die Gesamtrechnung könnte den Angaben zufolge sogar auf bis zu 1,5 Milliarden Euro steigen.

Konzernweit seien bislang mehr als 36.200 Schäden mit einem Volumen von 1.023 Millionen Euro zusammengekommen, hieß es in einer Mitteilung. Rund 31.700 Schäden – und damit 987 Millionen Euro – entfielen dabei auf die Sachversicherung. Weitere 4.524 Schäden mit einem Aufwand von 37 Millionen Euro betrafen die Kraftfahrzeugversicherung.

20 Prozent der gemeldeten Schäden seien bereits von der Provinzial reguliert worden – in vielen weiteren Fällen seien bereits verbindliche Entscheidungen zur weiteren Abwicklung getroffen worden. Laut Vorstandschef Breuer konnte somit bereits eine Summe von rund 163 Millionen Euro an Entschädigungsleistungen an die Kunden fließen.

Trotzdem sei aktuell noch kein Ende in Sicht, erklärt der Versicherer weiter, denn noch immer würden Schäden gemeldet – und in vielen Fällen sei aufgrund der „Komplexität der Schadenbilder die endgültige Entschädigungssumme noch nicht absehbar“, wie es heiß, so dass eine Gesamtschadensumme von bis zu 1,5 Milliarden Euro nicht ausgeschlossen werden könne.

Wie steht es um den Rückversicherungsschutz?

Diese ungeheuren Summen werfen die Frage auf, wie sehr das Rekordschadenereignis der Substanz des Unternehmens zusetzt – und inwieweit die Schäden durch Rückversicherer gedeckt sind. So erfuhr Pfefferminzia unlängst aus Kreisen von Rückversicherungsmaklern, dass von den zuvor genannten 760 Millionen der weitaus größte Teil nicht rückversichert sei. Gegenüber Pfefferminzia wollte die Provinzial keine  konkreten Angaben zu ihrem Rückversicherungsschutz nennen:

„Wir machen keine Angaben zu Details unseres aktuellen und zukünftigen Rückversicherungsschutzes“, teilte ein Konzernsprecher am Montagabend mit. Und weiter: „Generell gehört es zur Geschäftspolitik der Provinzial, wesentliche Teile des Rückversicherungsprogramms auf dem direkten Wege im Rückversicherungsmarkt zu platzieren.“

Hintergrund ist, dass sich Erstversicherer entweder über das Einschalten eines Maklers rückversichern lassen können oder den Rückversicherungsschutz direkt beim Rückversicherer einkaufen. Letzteres Vorgehen ist bei vielen Gesellschaften üblich – und offenbar auch bei der Provinzial der Fall, es lässt allerdings keine Rückschlüsse auf den Umfang des Rückversicherungsschutzes zu.

Deutlich offener zur Absicherung seines eigenen Hauses im Angesicht der Flutkatastrophe äußerte sich Christoph Buchbender, Vorstand des weitaus kleineren regionalen Versicherers Rheinland Versicherung: „Wir rechnen insgesamt mit einem Schadenvolumen jenseits der 30 bis 40 Millionen Euro, das von der Rheinland reguliert werden muss. Am Ende werden bei uns davon etwa zehn Millionen Euro hängen bleiben“, sagte Buchbender der Rheinischen Post“ (Interview am 25. August erschienen (kostenpflichtig)).

„Stabilität ungefährdet“

Dessen ungeachtet, betonte Konzernchef Breuer, dass die Finanzkraft der Provinzial als öffentlicher Versicherer „trotz des massiven Schadenaufwands weiterhin hoch“ sei und die „Stabilität ungefährdet“ sei. „Wir sind unverändert der starke Versicherer der Regionen, der gerade jetzt seine Kompetenz als führender Gebäudeversicherer unter Beweis stellt. Wir als öffentliche Versicherer können dabei zudem auf unseren hochqualifizierten Verbund zurückgreifen, der sich in bester Weise unterstützt“, so Breuer weiter.

Denn auch wenn das Ausmaß des Schadens durch das Tief „Bernd“ für die Provinzial statistisch betrachtet als Jahrtausendereignis einzustufen sei, müsse aufgrund des Klimawandels in Zukunft öfter als früher mit massiven Unwettersituationen gerechnet werden, warnte der Konzernchef. „Die Zunahme von extremen Unwettern in den letzten Jahren zeigt, dass alle – Gesellschaft, Unternehmen und Politik – dringend die Bemühungen für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit überall verstärken müssen“, so der Appell Breuers.

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Skip to content