- Von Lorenz Klein
- 22.05.2023 um 13:50
So weit, so schlecht. Allerdings sind 15 Prozent ja keine 30 Prozent, geschweige denn 50 Prozent (siehe vorherige Seite). Wo kommen die restlichen Prozente her? „Bei einigen Risikoträgern wurde darüber hinaus auch der Tarif nach oben angepasst“, erklärt Experte van der Wardt und fügt hinzu, dass die GEV außer der Baukostenanpassung keine weiteren Anpassungen vorgenommen habe.
Viele andere Anbieter taten das aber – zum Beispiel einer der Platzhirsche im Markt: „Auch wir haben – im Sinne einer stabilen Tarifkalkulation für unsere Kundinnen und Kunden – eine Beitragserhöhung vornehmen müssen“, sagt Uwe Schumacher, Vorstandsvorsitzender des Kieler Assekuradeurs Domcura. Die Erhöhung setzt sich laut Unternehmensangaben aus einer indexbedingten Anpassung in Höhe von 14,7 Prozent sowie einer Anpassung infolge des massiv gestiegenen Schadenaufkommens in Höhe von 8,9 Prozent zusammen.
Extremwetter verursachen heftigere Schäden
„Keine Frage: Insbesondere Anbieter von Wohngebäudeversicherungen stehen vor großen Herausforderungen“, räumt Schumacher unumwunden ein. So verursachten die im Zuge des Klimawandels häufiger auftretenden Extremwetter immer größere Schäden. „Noch heute beschäftigt beispielsweise die Flutkatastrophe vom Sommer 2021 die deutsche Versicherungsbranche. Deshalb wurden die Beiträge zu Beginn dieses Jahres branchenweit angepasst“, so Schumacher.
Das ist alles richtig. Trotzdem halten manche Makler den Kielern vor, zu forsch um Marktanteile in der WGV gekämpft zu haben. Zwar gesteht Makler Tobias Bierl den Norddeutschen zu, über „eine der besten Vertragsbedingungen am gesamten Markt“ zu verfügen – hierzu zählten unter anderem der komplette Verzicht auf grobe Fahrlässigkeit und keine Mindestwindstärke bei Sturmschäden.
Zugleich unterstellt Bierl dem Assekuradeur aber, die Preise „viel zu günstig kalkuliert“ zu haben. Eine Beitragserhöhung sei daher „absehbar und nicht verwunderlich“ gewesen. „Wir hätten zwar gerne mal die eine oder andere Gesellschaft platziert, aber wenn die Domcura 30 bis 40 Prozent günstiger ist als diese und mit noch besseren Leistungen punktet, dann fehlen uns die Argumente, beziehungsweise die Kundenentscheidung steht fest“, fasst Bierl das Dilemma in seinem Blog zusammen.
Dass die Domcura billig und zugleich hochwertig sein kann, unterstreicht der aktuelle WGV-Tarifvergleich in der April-Ausgabe von „Stiftung Warentest“. Der „Top-Schutz“ der Kieler heimst mit der Note 0,6 („sehr gut“) die Spitzenplatzierung ein, die sie sich gemeinsam mit zehn weiteren Gesellschaften – darunter die GEV mit ihrem „Max“-Tarif – teilen. Insgesamt wurden 195 Tarife von 71 Anbietern untersucht. Dabei stellten die Tester enorme Unterschiede bei den Prämien fest. Betrachtet wurden dazu drei Muster-Häuser in zwei Städten: ein Neubau, ein 20 Jahre und ein 50 Jahre altes Haus, jeweils für das günstigere Dresden und das teurere Düsseldorf.
„Etwas höhere Stornoquote“
Am preiswertesten für einen versicherten Neubau in Dresden schnitt die Waldenburger ab für einen mit „sehr gut“ bewerteten Vertrag. 233 Euro kostete dieser jährlich. „Teure Tarife kosten oft drei- oder sogar viermal so viel“, merken die Tester an. Im teuren Düsseldorf bot der „Komfortschutz“ der Domcura für 378 Euro den günstigsten „Sehr gut“-Schutz von allen. Im Klartext: Top-Konditionen und zugleich Preis-Tiefstapler – wie geht das zusammen?
Zu kritischen Stimmen an der Tarifkalkulation der Domcura ist von Schumacher nur so viel zu hören: „Auf Grundlage vieler aussagekräftiger Daten ermitteln unsere mit umfangreichem Know-how ausgestatteten Expertinnen und Experten einen Beitrag, den wir für angemessen halten.“ Doch ob der vermeintlich angemessene Preis auch angenommen wird, bestimmt der Markt – und offenbar wollten einige Kunden der Domcura bei den jüngsten Preiserhöhungen von rund 24 Prozent nicht mitgehen. Erwartungsgemäß habe man „eine etwas höhere Stornoquote als üblich zu verzeichnen“, sagt Schumacher, ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Kollege van der Wardt von der GEV berichtet indes, dass man im Vergleich zu den Vorjahren kein erhöhtes Stornoverhalten feststelle. Aber wer sparen will, muss ohnehin nicht immer gleich den Anbieter wechseln: „Die Kunden der GEV können günstigere Beiträge durch Selbstbeteiligungen sicherstellen“, sagt Jens van der Wardt. Und das geht natürlich auch bei anderen Anbietern. Beispiel Häger Versicherung: Für das 20 Jahre alte Haus, das sich die „Stiftung Warentest“ imaginär in Düsseldorf errichten ließ, kostet der „Top“-Schutz 992 Euro jährlich. Wer hingegen Schäden bis zu 1.000 Euro aus eigener Tasche zahlt, muss für den gleichen Tarif nur 803 Euro im Jahr löhnen – und hat den Totalschaden trotzdem mitversichert.
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