- Von Redaktion
- 22.07.2021 um 15:30
Zunächst einmal gilt unser tiefes Mitgefühl allen Betroffenen, Verletzten und leider auch Verstorbenen und deren Hinterbliebenen.
Mittwoch, 14. Juli 2021
Die Wetterdienste hatten für unsere Region extremen Starkregen gemeldet – die Menschen und wir stellen uns darauf ein. Dachten wir. Denn mit einer Überschwemmung solchen Ausmaßes hatten wir nicht gerechnet. Am Abend erreichten uns via E-Mail bereits die ersten Schadenmeldungen aufgrund vollgelaufener Keller.
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Donnerstag, 15. Juli 2021
Es kamen weitere Schadenmeldungen. So weit so gut. Bis zu diesem Zeitpunkt alles noch fast normal. Auf dem Weg ins Büro traf ich einen Bekannten beim Keller auspumpen. Er war fast fertig – und wurde, wie viele andere, am späteren Vormittag von der Flut erneut getroffen. Das Wasser stand bei ihm bis zum ersten Obergeschoss!
Im Büro angekommen, bearbeiteten wir die ersten Schäden und gingen unseren alltäglichen „To-Dos“ nach. Am späten Vormittag erklangen die Alarmsirenen. Plötzlich kreisten sehr viele Hubschrauber über unserem Büro und der gesamten Stadt, riesige LKW der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks (THW) fuhren ständig bei uns vorbei. Auch Motorboote waren dabei. Überall hörte man nur noch Sirenen. Wir wurden darüber informiert, dass mehrere Dämme gebrochen seien und eine riesige Flutwelle Erftstadt, das Ahrtal und die Eifel getroffen habe oder noch treffen werde. Staudämme drohten tagelang ebenfalls zu brechen.
Sofort war klar: Wir brauchen einen Notfallplan!
Wegen des Strom- und Telefonnetzausfalls arbeiteten wir zunächst mit unseren Handys, die noch Akkus hatten, und mit WLAN-Hotspots im Office weiter. Gegen Mittag entschieden wir uns jedoch alle dafür, nach Hause zu fahren, um – sofern hier nicht wohnhaft – aus dem Gefahrengebiet rauszukommen und um zu Hause die Lage checken zu können. Um uns herum wurden immer mehr Dörfer evakuiert. Das Wort „Evakuierung“ war uns bisher nur aus dem Fernsehen oder Kino bekannt.
Die Bilder brennen sich ein: Bundeswehrhubschrauber, Panzer, Feuerwehr-, Bundeswehr- und THW-Fahrzeuge, Häuser und Straßen verwüstet von Schlamm und Geröll, die Habseligkeiten der Menschen – wie verwandelt zu „Schrott“, am Straßenrand aufgetürmt.
Ganze Straßenzüge sind nun einfach weg. Straßen, Fuß- und Fahrradwege, gesamte Ortschaften mit Ländereien und Häusern fielen den gewaltigen Wassermassen zum Opfer. Fahrzeuge wurden geflutet, Dämme sind eingebrochen, Flüsse und Bachläufe übergetreten. Ganze Felder und Wiesen können nun gegebenenfalls Monate oder gar Jahre nicht mehr genutzt genutzt werden – wegen des vielen Öls, das durch die Überschwemmungen in Massen ausgetreten ist. Auf uns und insbesondere alle Betroffenen wirken diese Bilder und Ereignisse unwirklich – und doch auf einmal so real.
Zurück im Job-Modus: Aufgrund einer guten digitalen Ausstattung und den Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie konnten wir sofort wieder auf den Home-Office-Modus umstellen. Wir haben die Telefone umstellen lassen, sodass wir 24 Stunden erreichbar waren. Teilweise sind wir das auch jetzt noch.
Bei einigen Mandanten war uns sofort klar, dass diese stark betroffen sein werden. Wir versuchten, diese direkt zu kontaktieren; aufgrund von Strom- und Netzausfällen war das nicht immer direkt möglich – teilweise bis heute nicht, jedenfalls nicht kontinuierlich. Gleichzeitig haben wir sofort Kontakt zu den bestandsstärksten Versicherungsgesellschaften und deren Maklerbetreuern aufgenommen. Manche haben super reagiert, andere meinten zunächst, es sei „nur Regenwasser“. Bei fast allen Gesellschaften haben wir dennoch sofortige Sonderrufnummern erhalten, um diese Jahrhundertschäden zu melden.
Schadenmeldungen im Minutentakt
Dann haben wir förmlich im Minutentakt neue Schadenmeldungen erhalten und versucht, diese sofort zu melden. Nach kurzer Zeit haben wir nur noch gesammelt und Sammelschadenmeldungen vorgenommen. Aktuell schätzen wir, dass jeder zehnte bis zwölfte Fall ein Totalschaden ist. Die Tage seit Freitag bis heute, Donnerstag, den 22. Juli, liefen nahezu identisch ab.
Unser Team ist neben unserer beruflichen Tätigkeit selbstverständlich auch mit Eimern, Schaufeln, Traktoren, Hängern – und eben auch mit Einkaufs- oder Wäschediensten – bei Freunden, Bekannten und Nachbarn im Einsatz. Wir alle sind froh, an allen Ecken und Kanten wirklich helfen zu können, da wir persönlich, wenn überhaupt, nur Bagatellschäden zu beklagen haben und es für uns alle eine Ehrensache ist, zu helfen. Nur gemeinsam sind wir stark! Selbstverständlich haben wir bereits Sachspenden verteilt und werden auch Geldspenden veranlassen. Aufgrund der Flut an Fake-News und Fake-Hilfebedürftigen sondieren wir hier jedoch erst die Lage beziehungsweise helfen dort, wo wir uns sicher sind.
Was für uns ein absolutes „No-Go“ ist, sind Plünderer und Sensations-Touristen! Mal kurz für einen Moment nachdenken! Hier sind Existenzen ruiniert – Häuser und Höfe, die Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte hier standen, sind teilweise oder gänzlich zerstört worden und nun unbewohnbar. Die komplette Infrastruktur ist zusammengebrochen, unser Krankenhaus ist überflutet und evakuiert worden, Autobahnknotenpunkte der A1 und A61 sowie Bundesstraßen sind komplett zerstört; es wird Monate – wenn nicht Jahre – dauern, dies alles wieder aufzubauen.
Erste Leistungszusagen am 19. Juli
Am Montag, den 19. Juli 2021, konnten bereits die ersten Gutachter der Versicherer, sofern die Orte begehbar und nicht mehr evakuiert waren, die Betroffenen vor Ort aufsuchen. Sie versprachen schnelle Hilfe. Bereits am Dienstag haben die ersten Gesellschaften Leistungszusagen erstellt; auch bereits für Totalschäden. Zudem sind bereits erste Abschagszahlungen angefordert und geflossen, weitere folgen sicherlich kurzfristig.
Seite 2: Wir erleben jedoch auch Menschen, die keinen bei ihrer Versicherungsgesellschaft erreichen
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