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- 12.02.2018 um 10:19
Was ist geschehen?
Eheleute engagieren einen Handwerker für ihr Wohnhaus. Der Dachdecker soll das Flachdach reparieren. Während seiner Heißklebearbeiten verursacht er ein Glutnest. Es kommt zum Brand, das Haus brennt ab.
Das Feuer greift außerdem auf das Nachbarhaus über und verursacht auch dort Schäden. Die Nachbarin ist versichert und erhält den Schaden erstattet. Der Dachdecker wird zur Zahlung von rund 97.800 Euro verurteilt, kann aber wegen Insolvenz nicht zahlen. Der Versicherer möchte das Geld daher von den Eheleuten beziehungsweise, da diese mittlerweile verstorben sind, von den Erben zurückholen.
Die vorinstanzlichen Urteile
Das Landgericht Magdeburg weist die Klage ab (Aktenzeichen 10 O 1082/13). Der Versicherer legt Berufung ein, aber auch das Oberlandesgericht Naumburg stellt sich auf die Seite der Hauseigentümer (Aktenzeichen 4 U 52/15). Die Eheleute hätten mit der sorgfältigen Auswahl des Dachdeckers alles Erforderliche getan, um das Risiko eines Brandschadens im Zuge der Dachdeckerarbeiten auszuschließen.
Ein sogenannter verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (Paragraf 906 Absatz 2 Satz 2 BGB) bestehe hier auch nicht.
Die Meinung des Bundesgerichtshofs (BGH)
Die Richter der BGH sind anderer Meinung (Aktenzeichen V ZR 311/16). Dem Versicherer stehe sehr wohl ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Warum?
Ein Ausgleichsanspruch sei nach ständiger Rechtsprechung dann gegeben – und Achtung, jetzt wird es technisch – wenn von einem Grundstück rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen aber nicht unterbinden kann. Das sei bei einem Brand, der auf ein Nachbargrundstück übergreift, der Fall, so der BGH.
Die Richter sahen auch die sogenannte Störereigenschaft gegeben (Paragraf 1004 Absatz 1 BGB).
Was heißt das in diesem Fall?
Dass es egal ist, ob die Eheleute bei der Wahl des Handwerkers sorgfältig vorgegangen sind. Es kommt vielmehr darauf an, ob es Gründe gibt, die aufgetretene Störung (also den Brand) ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnen. Und das sei der Fall, heißt es weiter.
Die Eheleute haben die Dacharbeiten in Auftrag gegeben. Damit haben sie eine Gefahrenquelle geschaffen, die ihrem Einflussbereich zuzurechnen sind.
Der Bundesgerichtshof hat den Fall an das Oberlandesgericht Naumburg zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das OLG muss nun klären, ob die geforderten 97.800 Euro berechtigt sind.
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